Sonntag, 5. Dezember 2010

Ösis allein zuhause

Die von Wikileaks veröffentlichten Depeschen US-amerikanischer Diplomaten werden im Hinblick auf Österreich so zitiert, es bestehe eine Kluft zwischen dem Bild, das die Nation sich selbst von ihrer Rolle in der Welt mache, und Österreichs tatsächlichen, zunehmend bescheidenen Leistung.
Das sitzt. Vor 40 Jahren war Österreich, nicht zuletzt dank Bruno Kreisky, ein kleiner diplomatischer global player, machtlos, aber gern gesehen und nicht ganz ohne vermittelnden Einfluss. Nicht zufällig haben OPEC, IAEO und verschiedene UN-Behörden ja ihren Sitz in Wien. Heute ist Österreich nicht nur klein, sondern auch unbedeutend. Dem heutigen Regierungschef, dem Außenminister und dem Verteidigungsminister wird von den enthüllten US-Depeschen Desinteresse an Außenpolitik bescheinigt.
Das passt. Diese Regierung, dieses Parlament, diese politische Klasse ist ein getreues Abbild, der Bevölkerung, die sie installiert hat. I am from Austria. Mir san mir. Der Rest der Welt interessiert nur punktuell und reduktiv als touristisches Ziel. Die meisten Österreicher fühlen sich unter sich am wohlsten. Schon die „Deitschen“ sind ein Problem. Die, deren Sprache man nicht einmal annäherungsweise spricht, erst recht. Das bekommen Minderheiten, seien sie autochthon oder zugewandert, regelmäßig zu spüren.
Das österreichische Selbstbild ist ein anderes. Man hält sich für gastfreundlich, verwechselt dabei aber Geschäftssinn mit Weltoffenheit. Man träumt sich in die Mitte Europas, lernt aber nicht die Sprachen der Nachbarländer. Man schimpft auf die EU, ist aber auch ein bisschen stolz, mitmachen zu dürfen, und trottet darum brav der BRD hinterher.
Unzählige Ausnahmen des hier skizzierten Bildes ließen sich nennen. Aber sind sie typisch? Sind nicht vielmehr die typisch, denen alles Fremde unheimlich ist und die sich einigeln im wohligen Wirgefühl nationaler Selbstgenügsamkeit? Man schaue den Leuten aufs Maul und grause sich.

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