Dienstag, 21. Juni 2011

Kleine Ämterkunde

Was man nicht alles so lesen muss: „D: Innenamt gegen NPD-Verbot“, lautet heute eine Schlagzeile im Teletext des Österreichischen Rundfunks und die zugehörige Überschrift: „Deutsches Innenamt gegen NPD-Verbot“. Wer auch immer das verzapft hat — es geht hier mit hier nur um die Formulierung, die zur Rede stehende Sache ist ein anderes Thema —, hat kräftig danebengelangt und seine Unbildung herausgestellt. Wenn es, wovon man immer ma wieder hört, ein deutsches Außenamt gibt, muss es ja auch ein Innenamt geben, scheint sich jemand gedacht zu haben. Wenn „Denken“ für das, was in der Teletext-Redaktion so passiert, nicht schon ein viel zu hochgegriffener Ausdruck ist.
Lernen Ösis denn gar nichts in der Schule? In der Verfassung erst des Norddeutschen Bundes, dann des Zweiten Deutschen Kaiserreiches war der Kanzler, später Reichskanzler, der einzige Minister. Erst nach und nach wurden ihm, gleichsam als Gehilfen, sogenannte Staatssekretäre beigesellt. Die diesen unterstellten Behörden hießen Reichsämter. Eines davon, zuweilen vom Regierungschef selbst geführt, war das Auswärtige Amt. Dieses deutsche Außenministerium behielt seinen amtlichen Namen auch in der Weimarer Republik und im Dritten Reich bei, als andere Ressorts längst als Reichsministerien bezeichnet wurden. Und auch, als 1949 die Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde, griff man die alte Bezeichnung für das entsprechende Bundesministerium wieder auf. Die gängige Kurzbezeichnung für Auswärtiges Amt ist Außenamt. Ein Innenamt aber gibt es nicht. Die betreffende Behörde heißt Bundesministerium des Innern, kurz Bundesinnenministerium, und steht in der Nachfolge des Reichsministerium des Innern, das wiederum dem Reichsamt des Innern nachgefolgt war, das seinerseits aus dem Reichsakanzleramt hervorging. Auch in Österreich gibt es übrigens ein Innenministerium, dessen amtlich Bezeichnung derzeit Bundesministerium für Inneres lautet.
Von „Innenamt“ kann also gar keine Rede sein. Ein bisschen aber muss man die Ösis (nicht deren Unbildung!) in Schutz nehmen. Denn der verfehlte Ausdruck kommt, wie sich beim Googeln herausstellt, sogar in der „Zeit“ vor …
So, und damit jetzt alle mal ein bisschen was lernen, hier ein Hinweis: Die Republik Österreich besitzt längst kein Bundesministerium für Äußeres (1920) oder Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten (1959) mehr. Die entsprechende Behörde heißt heutzutage Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten. In den allgemeinen Sprachgebrauch ist das nicht eingegangen. Nach wie vor ist vom Außenministerium die Rede. Aber bitte nie vom „Außenamt“!

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