Dienstag, 14. Mai 2013

Zur Verteidigung der Ehe

Wenn’s nach mir ginge, ich hätte ganz und gar nichts dagegen, wenn man denen, die so lautstark den staatlichen Schutz der Ehe fordern (den sie durch die Umdefinition dieser Institution dahingehend, dass sie auch von zwei Männern oder zwei Frauen geschlossen werden kann, gefährdet sehen) sehr weit entgegenkommt. Nichts leichter als das, das klassische Ehe-Modell durch folgende gesetzliche Regelungen gegen Bedrohungen zu verteidigen:
  • Abschaffung der Ehescheidung;
  • erhebliche Strafen für Ehebruch;
  • Ächtung und womöglich Verbot vor- und außerehelicher heterosexueller Aktivitäten.
Wer diesen Maßnahmen nicht zustimmt, will die herkömmliche Ehe gar nicht schützen. Der halte dann aber bitte auch den Mund, wenn es darum geht, neue Formen von Ehe oder — anders und besser gesagt: — vielfältige Weisen des Zusammenlebens zu gestalten und, wo nötig, zu institutionalisieren.
Dass ich kein Freund der „Homo-Ehe“ bin, ist kein Geheimnis. Staatlich abgesegnete „Partnerschaften“ sind mir ein Gräuel, sie als Standard durchsetzen zu wollen, halte ich für ein reaktionäres, anti-emanzipatorisches Projekt. Aber selbstverständlich traue ich den Verteidigern der konventionellen Normal-Ehe auch nicht über den Weg. Ich halte die meisten von ihnen nämlich für Heuchler, die reinen Wein predigen, aber unsauberes Wasser trinken. Sie müssten schon den von mir genannten „Schutz-Maßnahmen“ zustimmen, um an Glaubwürdigkeit gewinnen zu können. Ich sehe allerdings in der öffentlichen Diskussion niemanden (die Vertreter der offiziellen Linie der römisch-katholischen Kirche ausgenommen), der dafür eintritt. Was folgt daraus?
Wer die Ehe schützen will, ist spät dran. Als Institution ist sie ebenso beliebt wie aufgeweicht. Nicht- und Außereheliches sowie Ehescheidungen sind an der Tagesordnung. Man heiratet zwar noch, weil das üblich ist, aber man nimmt das nicht besonders ernst. Und nun kommen die Berufsschwulen und Berufsleben und fordern eine eigene Eheform (die als „Öffnung“ schöngeredet wird). Da fühlen sich viele rechts überholt. Zu Recht. Wenn ausgerechnet die, die man schrill und abseitig haben wollte, zur Avantgarde kleinbürgerlichen Spießertums geworden sind, was bleibt einem als Normalo dann noch?
Die „konservativen“ Gegner der „Homo-Ehe“ haben kaum Argumente, sondern bloß ein diffuses Gefühl der Verunsicherung und ärgern sich darüber, dass die „Werte“, die sie gepachtet zu haben meinten — Ehe, Familie, Kinderkriegen —, längst auch von Homos realisiert werden. Das (und dazu die Lust, den Regierenden zu widersprechen) erklärt auch die Wut, die zum Beispiel in Frankreich hochkocht, präziser als ein diffuses Gerede von „Homophobie“.
Man sollte, finde ich, die Verwirrung noch erhöhen. Wenn die Ehe, nach Jahrzehnten intelligenter Kritik daran und trotz ihrer faktischen Aushälung in der kollektiven Praxis, plötzlich etwas Gutes ist, dann gibt es keinen Grund, Ehescheidungen zuzulassen. Dann gibt es keinen Grund, Ehebruch nicht strafrechtlich zu verfolgen. Dann muss die „partnerschaftliche“ Sexualität (im Unterschied zur promisken …) strikt auf die Ehe beschränkt werden. Dann gibt es weiters auch keinen Grund, den Moslems und anderen die (polygyne) Mehrehe nicht zu erlauben, was dann, aus Gründen der Gleichberechtigung der Geschlechter, auch die Zulassung von Polyandrie und in der Folge der Gruppenehe geboten erscheinen ließe. Kurzum, wenn die Heiraterei — was ich nach wie vor bezweifle! — etwas Gutes ist, dann kann es doch gar nicht genug davon geben.
All das wird den Verteidigern der klassischen Ehe nicht gefallen. Tja, Pech gehabt. Wer für etwas Falsches eintritt, bekommt auch die falschen Folgen.

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